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Kontrollen an deutsch-polnischer Grenze: „Das ist jetzt eine Retourkutsche“

Kontrollen an deutsch-polnischer Grenze: „Das ist jetzt eine Retourkutsche“

Ein Schild grüßt Grenzgänger und Autofahrer auf dem Weg von Frankfurt (Oder) ins polnische Slubice am anderen Ufer des Flusses. Der blau-grüne Slogan verheißt auf Deutsch und Polnisch „offene Grenzen“. Die Realität schiebt sich Stoßstange an Stoßstange über die Oderbrücke. Polens Grenzschutz hat am 7. Juli um 0 Uhr mit Kontrollen an 52 Grenzübergängen zu Deutschland begonnen. Auf der polnischen Seite der Oder hängen polnische Fahnen. Grenzschützer in Uniform fragen Autofahrer nach Papieren. Ein Plakat am Brückenkalender erklärt den Sinn der Kontrolle. „No Immigration“ steht auf dem Schild. Die Uniformierten sind noch dabei, den Kontrollposten zu befestigen. Eisenstangen stapeln sich auf dem Gehweg. Grenzgänger müssen ihre Beine heben, um nicht darüber zu stolpern.

Keine Einschränkungen für Fußgänger

Angehalten wird in dieser Momentaufnahme niemand, der sich zu Fuß bewegt zwischen den beiden Ländern. Grenzgänger berichten ebenfalls von einem Transit ohne Kontrollen für Fußgänger. Evelina hat ihren Mann Pavel nach Frankfurt (Oder) zum Arzt begleitet. Nun sind sie zu Fuß auf dem Weg nach Slubice. Für Fußgänger gebe es keine Einschränkung, sagt die Polin. „Nur mit dem Auto wird es jetzt länger dauern, sagt Evelina mit Blick auf den auf der Fahrbahn rollenden Stau. Ihr Mann Pavel betreibt einen Getränkestand auf einem Markt in Slubice. Er macht sich Sorgen um die Kundschaft aus Deutschland. „Vielleicht kommen jetzt weniger Deutsche auf den Markt“, sagt er. An sich störten ihn die Kontrollen bisher nicht. „Das ist schon okay“, sagt er.

Die französische Studentin Léticia kommt von Slubice über die Brücke in Richtung Frankfurt. Auch sie sei nicht kontrolliert worden, erzählt sie. Glücklich sei sie dennoch nicht über die Kontrollen. Die Französin studiert an der Europa-Universität Viadrina. Ihr Blick fällt auf die Fahnen mit dem blauen Sternenbanner der EU. Sie hängen an Masten über dem Brückengeländer im Wind. „Im Moment finde ich das sehr ironisch, wenn hier EU-Flaggen hängen“, sagt sie. Dann muss die Studentin der Europa-Universität weiter nach Deutschland.

Jenseits der Oderbrücke beginnt die Altstadt von Slubice. Entlang der gepflasterten Fußgängerzone finden sich Cafés, Restaurants, ein Hanf-Laden und ein Tabakwarenhändler. Der Berliner Jörg Kandler verlässt das Zigarettengeschäft mit einer vollen Tüte. Er fährt gelegentlich nach Polen, um Zigaretten und Kleinigkeiten einzukaufen. „Die Zigaretten sind immer noch ein bisschen günstiger in Polen“, sagt er. Er selbst sei nicht kontrolliert worden an der polnischen Grenze. „Meine Bekannte schon. Ich kann nur vermuten, weil sie etwas südländisch aussieht“, sagt er.

Jens Bach aus dem anderen Frankfurt am Main berichtet Ähnliches allerdings von der deutschen Seite der Grenze. Er ist mit Freunden aus Brasilien im Urlaub und hat sein Auto auf der polnischen Seite geparkt. Sie erkunden zu Fuß die beiden mit einer Brücke verbundenen Grenzstädte. Bach reagiert mit Zwiespalt auf die Grenzkontrollen. „Ich bin in einem Europa ohne Grenzen aufgewachsen. Aber ich habe Verständnis, wenn das jetzt für einige Zeit gemacht wird“, sagt er. Aufgefallen seien ihm die Unterschiede im Auftreten der Grenzschützer auf den beiden Seiten der Oder. Bach erzählt, dass er mit dem Auto am morgen über einen kleinen Grenzübergang nach Polen gefahren sei. Auf der deutschen Seite sei nur ein Fahrzeug geparkt gewesen.

Zehn Grenzbeamte hätten sie dagegen in Polen in Empfang genommen. „Ich glaube, das ist jetzt eine Retourkutsche“, sagt er. Bach spielt auf den Unmut der polnischen Regierung über die deutschen Grenzkontrollen an. Sie erfolgen stichprobeartig seit Oktober 2023 und wurden von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) im Mai verstärkt. „Offene Grenzen“ wie das Begrüßungsschild auf der deutschen Seite der Oder verspricht, sind zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice vorerst Geschichte.

Berliner-zeitung

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